Wie ich lernte, unterwegs anzukommen.

Wo gibt es dieses Zuhause eigentlich?
Diese Frage begleitet mich, seit ich denken kann. Ist es ein Ort oder ein Land? Ein Mensch? Oder ist es ein Gefühl, das in mir wohnt und das ich so lange im Außen gesucht habe?

Früher war ich immer unterwegs. Schnell, gehetzt, ohne Übergänge. Von Ort zu Ort, von Erlebnis zu Erlebnis. Mein Nervensystem im permanenten „weiter, weiter, weiter“. Kaum Raum zum Ankommen. Kaum Raum zum Fühlen.

Heute reise ich anders. Langsamer. Bewusster. Weicher.
Ich lasse mir Zeit, mich in ein neues Land hineinzuatmen. Nicht mehr mit einer To-do-Liste im Kopf, sondern mit einer Aufmerksamkeit dafür, wie es mir geht. In welchem Zustand mein Nervensystem ist. Wie viel emotionale Kapazität ich im Moment wirklich habe.

Denn Reisen schenkt nicht nur Schönheit, es kostet auch Energie. Besonders dann, wenn alles neu ist: Kultur, Sprache, Währung, Rhythmus. Ich habe gelernt, dass ich mich selbst nur wirklich spüren kann, wenn ich mir erlaube, in Beziehung zur Welt zu treten. Wenn ich lausche:

Was macht ein Ort mit mir? Welche Energien weckt er? Welche Anteile in mir beginnen zu sprechen?

Selbst meine Persönlichkeit verändert sich, je nachdem, welche Sprache ich spreche. Deutsch, Ungarisch, Englisch – jede öffnet andere Facetten in mir. Andere Töne, andere Erinnerungen, andere Schichten. Auch darin verstecken sich Hinweise, kleine Codes, die ich auf meinem Weg sammle.

Vielleicht ist genau das der Kern meiner Reisen:
Ich sammle Codes für mein Herz, für meinen Weg, für meine Heilung.

Seit über zwei Wochen bin ich wieder auf Bali. Und jeder Ort fordert mich, schenkt mir aber gleichzeitig genau das, was mein Herz gerade braucht. Wenn du einen Trauma-Hintergrund hast, kennst du dieses zarte, manchmal beängstigende Gefühl: das Ankommen.
Nicht nur geografisch, sondern innerlich.

Für manche fühlt es sich sicherer an, ständig in Bewegung zu bleiben. Andere halten fest und vermeiden jede Veränderung. Ich war lange diejenige, die weiterlief. Selbst wenn mein Leben in Deutschland stabil wirkte, innerlich war ich niemals still.

In den letzten Tagen taucht wieder dieses Thema „Zuhause“ auf.
Wie fühlt es sich an, wirklich anzukommen – innen wie außen? Kann ich mich einem Ort hingeben, ohne mich darin zu verlieren? Kann ich mich mir selbst hingeben?

Gestern war ich zum ersten Mal wieder in meiner geliebten Embodied-Flow-Klasse. Als ich die Banyan-Tree-Shala betrat, umhüllte mich sofort diese vertraute Weichheit. Emily, meine Lehrerin, sah mich, lächelte und sagte in ihrem warmen amerikanischen Akzent:

„Ohhh, so good to see you again! Welcome HOME!“

Diese zwei Worte trafen mich mitten ins Herz.
Sie berührten etwas in mir, das ich jahrelang im Außen gesucht habe: dieses leise, süße Gefühl von Zuhause – nicht im Raum, nicht im Land, nicht in einem Menschen, sondern in mir.

Vielleicht ist das der wahre Sinn meiner Reisen:

Ich reise nicht, um ein Zuhause zu finden.
Ich reise, um den Ort in mir zu entdecken, an dem ich längst zu Hause bin.

Und manchmal braucht es nur einen einzigen Satz, einen einzigen Moment der Erinnerung, um dorthin zurückzukehren:

Welcome home.

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Wieder Indien. Wieder mein Herz.